Westernreiten und Nordhessen
Mit 25 habe ich Reiten gelernt. Der Reitkurs war ein Geschenk meiner damaligen Frau zum Geburtstag. Es hat mir gefallen und mein Ehrgeiz war geweckt. Ich bin auf englisch gerittenen Pferden geritten und habe, glaube ich, drei Anfängerkurse gemacht. Aber als ich eines Tages bei einem Freund jemanden mit seinem Pferd vom Hof reiten sah, wusste ich, was ich machen werde. Dieser jemand hatte einen breitkrempigen Hut auf, trug eine karierte Wolljacke, Jeans und galoppierte vom Hof, ohne, wie bei den Englischreitern üblich, sein Pferd erst warm zu reiten. Es sah so verdammt lässig aus und die Assoziationen zu all den Cowboy- und Western-Filmen lag natürlich in der Luft. Ich wollte Westernreiten lernen.
Alles, was zu bekommen war, an Büchern und VHS-Kassetten mit Lehrmaterial, habe ich verschlungen. Gleichzeitig habe ich mich in der Nähe umgehört, wer noch Interesse an meinem Hobby hat. Ja, es gab Leute, einige sogar. Aber richtig Westernreiten konnte eigentlich keiner von denen. Dieter Traphan aus Winterberg, der hatte noch am meisten drauf. Ihn habe ich oft auf seiner Cold-Valley-Ranch besucht. Er hatte einen Reitplatz, einen Corral und eigene Pferde, die teilweise Westernpferd-Abstammung hatten. Ach da gäbe es jetzt viel zu erzählen, aber ich kürze es ein bisschen ab.
Ich kaufte mir ein Polenpferd, nicht zu groß, nicht zu schwer und lernte die Westernreitweise. Nahm Reitkurse, unter anderem bei einem Europameister für Western-Pleasure, und ich übte mit meinem Pferd namens „Nakita“. Ich ließ die Stute von einem reinrassigen Westernhengst decken und zog zwei eigene Fohlen, einen schönen roten Wallach und eine wirklich hübsche Stute mit Appaloosa-Abstammung in red roan Farbe. Im Umfeld von Frankenberg/Eder, wo ich damals wohnte, schlossen wir uns zu etwa 40 Westernreit-Interessierten zusammen, nannten uns die „Ederscouts“ und veranstalteten Vorführungen bei Viehmärkten z.B. in Battenberg/Eder. Wir trafen uns oft zu 10 – 30 Reitern bei einem von uns, in Somplar, Wangershausen, Battenfeld, Bottendorf oder Winterberg, machten Ausritte, Lagerfeuer, feierten Feste und waren mindestens drei Jahre lang eine Super-Truppe, bis ich später von dort weg zog. Eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich bewirtschaftete 6 Hektar gepachtetes Land, baute eine Weidehütte für meine Pferde, baute mir Reitplatz und Corral, baute die „Marshal-K-Ranch“. Ich lebte 13 Jahre lang meinen Traum, trug einen Stetson, Chaps und Sporen. Mit dem Wegzug von dort, mochte ich auch keine Pferde mehr halten, die Gegend um Dortmund herum ist nicht zu vergleichen mit den Weiten der Wiesen und Wälder Nordhessens, wo man stundenlang niemanden zu sehen bekommt und mit der Natur eins wird. Es wird nie wieder so sein, wie ich es einmal erlebt habe. Es war und ist hart, dass es so ist. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich mir nicht etwas neues aufgebaut hätte, was mich befriedet.
Damals, in Nordhessen, habe ich ein Haus gekauft und renoviert, meine drei Kinder großgezogen, den ersten Geländewagen gekauft und die Countrymusic entdeckt, habe gelernt nicht nur Pfifferlinge zu sammeln, sondern Holz zu spalten, mit der Motorsäge umzugehen, habe den ersten Hund erzogen, Pferde eingeritten und wurde ein richtiger Kerl.